Zaha Hadid, Daniel Libeskind, Lina Bo Bardi oder Jean Nouvel: Das 20. Jahrhundert ist voll von spannenden Bauwerken aus der Feder berühmter Architekten und Architektinnen. In ihren Schöpfungen experimentieren sie mit Werkstoffen, statischen Möglichkeiten, bringen Architektur an ihre Grenzen und setzen so Akzente für zukünftige Architekturströmungen. In unserer subjektiven Auswahl stellen wir Ihnen exemplarisch zehn berühmte Männer und Frauen einmal genauer vor.
Die Frage danach, wie weit sich Baumaterialien und statische Möglichkeiten in der Architektur an ihre Grenzen bringen lassen, stehen bei den Bauwerken des 1929 in Toronto geborenen Architekten jüdisch-polnischer Herkunft Frank Gehry im Mittelpunkt. Gebrochene Geometrien, ungleiche Ecken, scheinbar nach Außen gekehrte Wände und Experimente mit ungewöhnlichen Werkstoffen wie Wellblech und Sperrholz gehören dazu.
Gehrys Bauten polarisieren stark und hinterlassen bei ihren Betrachtern einen bleibenden Eindruck. So zum Beispiel auch das Tanzende Haus im historischen Stadtkern von Prag, das 1966 errichtet wird. Die beiden lehnenden Türme stellen ein tanzendes Paar dar, für welches das beliebte Tänzerpaar Fred Astaire und Ginger Rogers Muse sind. Typische Merkmale: die geschwungenen Formen und die versetzt angeordneten Fenster.
Ohne Zweifel zählt Ludwig Mies van der Rohe zu den bedeutendsten Bauhaus-Architekten. Eines seiner bekanntesten Werke ist der Barcelona-Pavillon, den er 1929 als deutschen Beitrag für die Weltausstellung in Barcelona entwirft. Was nur wenige wissen, der Bau entsteht in Zusammenarbeit mit seiner Partnerin Lilly Reich, die für die Innenausstattung zuständig ist.
Nach dem Abitur lernt Lilly Reich zunächst den Beruf der Kurbelstickerin in Wien, bevor sie 1911 nach Berlin zurückkehrt, als Möbeldesignerin arbeitet und Mitglied beim Deutschen Werkbund wird. Dieser ernennt sie 1920 sogar zur Direktorin. Nach dem Krieg arbeitet sie als Dozentin für Innenarchitektur und Bautheorie an der Universität der Künste Berlin und führt bis zum Tod ihr eigenes Atelier dort.
Wir beginnen mit Charles-Édouard Jeanneret-Gris, der unter den Namen Le Corbusier bekannt ist und zu den berühmtesten Architekten der Moderne zählt. Sein Werk gilt bis heute als Ausgangspunkt der Stilrichtungen Purismus, Brutalismus und skulpturale Architektur. Nach seiner Ausbildung zum Goldschmied und Graveur sowie einem Architekturstudium widmet sich der Schweizer den Baustoffen Stahl und Eisenbeton.
1914 gelingt ihm die wegweisende Entwicklung des Skelettsystems Domino aus Stahlbeton, mit dem die schnellere Fertigung großer Wohnblöcke möglich wird.
Für Le Corbusier muss moderne Architektur auf den Wohnungsmangel im 20. Jahrhundert reagieren und möglichst vielen Industriearbeitern Wohnraum zur Verfügung stellen. 1927 schließt er sich mit seinem Vetter Pierre Jeanneret der Weißenhof-Siedlung in Stuttgart unter Leitung des Bauhaus-Architekten Mies van der Rohe an und entwirft Gebäude, die zeigen sollen, wie man in Zukunft wohnen könnte – sie sind komplett auf Form und Funktion reduziert.
In den 1950er Jahren geht er einen Schritt weiter und entwickelt den Hochhaustyp Unité d’Habitation – funktionale Wohnblöcke aus Stahl- und Sichtbeton, in denen Wohnungen, Büros und Ladengeschäfte vertikal miteinander kombiniert werden. Sie gelten als Vorläufer der Plattenbauten und werden oft als „seelenlose Bauten“ kritisiert. 17 der Le Corbusier Gebäude gehören heute zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Einen bedeutenden Einfluss auf die moderne Architektur hat auch die in Italien geborene brasilianische Architektin Lina Bo Bardi. Für sie bedeutet Architektur die Schaffung eines sozial geprägten Raumes, in dem kulturelles Zusammenleben möglich wird. Schwere Materialien und gradlinige Formensprache verknüpft sie dabei mit überraschend filigranen Elementen.
Ein Beispiel dafür ist ihr eigenes Wohnhaus Casa de Vidro in Sao Paulo: Dünne Stahlbetonplatten ruhen auf schlanken Rundsäulen. Der vordere, offen gestaltete Wohnraum öffnet sich durch eine Glasfassade ins Grüne. Der hintere Gebäudeteil ist fest auf dem rückseitig liegenden Hang errichtet, die Privaträume hinter einer geschlossenen Wand versteckt. In der Mitte des Raumes gibt es eine Öffnung, durch die man in den begrünten Innenhof blickt.
Ob Millennium Bridge über der Londoner Themse, das ökologische Bauprojekt Copenhagen Tower in Dänemark, der Apple-Hauptsitz im Silicon Valley oder die begehbare Glaskuppel des Berliner Reichstags: Der britische Architekt Norman Foster zählt mit seinem Studio „Foster and Partners“ zu den gefragtesten Planern der Welt. Seine Bauwerke, für die er unter anderem den Pritzker-Preis erhielt und in den britischen Adelsstand erhoben wurde, sind in zahlreichen Metropolen zu finden.
Fosters Anspruch bei aller Innovation: Die Kombination von Hightech-Materialien wie Glas und Stahl mit ökologischen Ansprüchen im Sinne der Nachhaltigkeit. Ein Beispiel dafür ist „The Gherkin“, ein energieeffizientes Hochhaus in London: Die beeindruckende, verglaste Fassade sorgt nicht nur für Licht im Gebäude, sondern spart Energie bei Lüftung und Klimatisierung.
Der Baustil von Zaha Hadid ist kinetisch und fließend, ihre futuristischen Gebäude aus Zement, Stahl oder Glas überall auf der Welt zu finden. Zaha Hadid wird 1950 in Bagdad geboren und wächst dort in einer Familie mit westlichem Lebensstil auf. Nachdem Hadid Mathematik an der American University of Beirut studierte, lernte sie von 1972 bis 1977 Architektur an der Architectural Association School (AA) in London.
1993 realisiert sie ihren ersten Entwurf mit dem Feuerwehrhaus des Vitra-Werks in Weil am Rhein – ein später Durchbruch in der Architektur, denn ihre Kritiker empfinden ihre Entwürfe bautechnisch unrealistisch. Doch ihre Bauwerke und Möbel setzen sich weltweit durch, werden immer fließender und organisch anmutend.
Zum Beispiel das Phaeno in Wolfsburg, das ein interaktives, naturwissenschaftliches Museum beheimatet und fast schwerelos wirkt. Eines ihrer letzten Werke ist das Reinhold-Messner-Museum auf dem Kronplatz in den Dolomiten. Das Gebäude, ist auf einer Höhe von 2.275 Metern direkt in die Bergwelt eingebettet, zum Teil unterirdisch. Ausgestattet ist dieses architektonische Meisterwerk mit Gira Gebäudetechnik. So sorgt hinter den Kulissen zum Beispiel das clevere Gira KNX System zu jederzeit für einen reibungslosen Ablauf.
2004 erhält Zaha Hadid den bedeutenden Pritzker-Architekturpreis. 2016 stirbt sie überraschend. Großbritannien bleibt für sie zeitlebens ihre Wahlheimat.
Der amerikanische Planer Daniel Libeskind, der 1946 in Polen geboren wird und jüdischer Abstammung ist, will mit seinen Werken vor allem Geschichten und Gefühle erzählen. Ein Beispiel dafür ist das jüdische Museum in Berlin, das als verwinkelter Zickzack-Grundriss angelegt ist und dem jede Struktur zu fehlen scheint. Auf diese Weise soll die Zerstörung der jüdischen Gesellschaft in Deutschland erlebbar gemacht werden.
Mit der Entwicklung des Masterplans für die Gestaltung des 16 Hektar großen Ground Zero in New York, das durch den Terroranschlag vom 11. September zerstört wurde, hat Libeskind einen weiteren Meilenstein wichtiger Architekturgeschichte geschrieben. Auch hier arbeitete er eng mit Beteiligten aus der direkten Nachbarschaft in Manhattan zusammen und bringt so authentische Erinnerungen der Tragödie in die Architektur ein.
Die japanische Architektin Kazuyo Sejima geht noch zu Lebzeiten in die Architekturgeschichte ein. Sie studiert in Tokio Architektur und gründet 1995 gemeinsam Ryue Nishizawa das SANAA-Architekturstudio. Kazuyo Sejimas Entwürfe wirken minimalistisch, leicht und bescheiden. Sie arbeitet mit Stahl, Sichtbeton, Glas und Aluminium, spielt mit Licht und Transparenz. Ein Beispiel dafür ist der Zollverein-Kubus in Essen.
Obwohl die Fassade aus Beton besteht, wirkt das Gebäude durch die Anordnung der Fenster beinahe tänzerisch. Als im März 2011 ein Tsunami Teile Japans zerstört, startet Kazuyo Sejima mit Branchenkollegen das Projekt Home for all. Mit den Gebäuden schafft sie nicht nur Unterkünfte für die Betroffenen, sondern auch Orte der Begegnung – eine Idee, mit der sie bereits 2010 als erste weibliche Kuratorin die Architektur-Biennale in Venedig leitet. 2010 werden sie und ihr Partner außerdem mit dem Pritzker-Preis geehrt.
Der berühmte Architekt Jean Nouvel wird 1945 im französischen Fumel als Sohn eines Lehrerehepaars geboren. Er studiert Architektur an der Pariser Hochschule der Schönen Künste und glaubt an einzigartige Bauwerke, die individuell auf Gesellschaft, Ort und Zeit zugeschnitten sind. Deswegen gleicht keines seiner mittlerweile 200 Bauwerke dem anderen. Als Besucher wird man immer von radikalen, kunstvollen und polarisierenden Entwürfen überrascht.
Ein Prestigeprojekt von Nouvel ist zum Beispiel der Louvre in Abu Dhabi, der sich mit einer weißen Stahlkuppel auf einer Fläche von 24.000 Quadratmetern im Wüstensand der künstlichen Insel Saadiya erhebt. Die Kuppel ist aus neun Aluminium- und Stahlschichten gefertigt, die zu geometrischen Mustern zusammenfinden. Auf 180 Meter Durchmesser sind 7850 Sterne angelegt. Das Gebäude erinnert an einen orientalischen Basar.
Von einer Sandrose hat sich Nouvel dagegen beim Nationalmuseum von Katar inspirieren lassen. Mehr als 500 keramische Scheiben setzen sich scheinbar willkürlich zu einem 400 Meter langen und 250 Meter breiten Gebäudekomplex zusammen. Neben anderen Auszeichnungen wurde Nouvel 2008 mit dem Pritzker-Architekturpreis geehrt.
Zusammen mit ihrem beruflichen sowie privaten Partner Frank Barkow führt Leibinger seit 1993 das amerikanisch-deutsche Büro Barkow Leibinger in Berlin. Regine Leibinger denkt groß und setzt bewusst auf die Teilnahme an Ausschreibungen für Großprojekte, die international Anerkennung bringen. So bauen sie zum Beispiel Tour Total, die Deutschlandzentrale des französischen Mineralölkonzerns nahe des Berliner Hauptbahnhofs.
Die vertikal orientierte Fassade besteht aus plastisch geformten Betonelementen und schraubt sich mit 17 Stockwerken gen Himmel. Weitere Projekte wie das Serpentine Summer House 2016 im Kensington Park, London oder der Estrel Tower in Berlin folgen.
Dabei hätte der berufliche Werdegang der Architektin Leibinger auch anders verlaufen können, immerhin ist Leibinger die Tochter des weltweit bekannten Herstellers für Werkzeugmaschinen: Trumpf GmbH & Co. KG. Doch anstatt in die Fußstapfen der Familie zu treten, studiert sie Architektur an der TU Berlin, wo sie 1989 ihr Diplom absolviert. Danach zieht es sie an die Harvard University nach Cambridge, wo sie 1991 zum Master of Architecture graduiert. Ihre Zielstrebigkeit und das das Bewusstsein, groß zu denken, sieht die Mutter zweier Kinder als Gründe für ihren Erfolg.
Über viele Jahrzehnte hinweg haben berühmte Architektinnen und Architekten weltweit Städte und Regionen geprägt – und tun es bis heute.
Hinter den Köpfen stehen außergewöhnliche Konzepte und immer wieder neue Materialien. Wir dürfen gespannt sein, welche architektonischen Entwicklungen im 21. Jahrhundert auf uns warten.