Sie zeigen Spuren vergangener Zeiten, bieten individuelle Wohnerlebnisse und prägen noch heute Städte und Gemeinden: Fachwerkhäuser. Über Jahrhunderte haben diese Gebäude bewiesen, wie haltbar und strapazierfähig ihre Konstruktion ist. Das älteste erhaltene Fachwerkhaus in Deutschland stammt aus den Jahren 1230 bis 1233.
Insgesamt gibt es schätzungsweise bis zu zwei Millionen Fachwerkbauten in Deutschland. Viele davon stehen unter Denkmalschutz. Wer ein Fachwerkhaus sanieren möchte, sollte sich darauf einstellen, dass umfangreiche Arbeiten erforderlich sind, um das historische Gebäude zeitgemäßen Wohnstandards anzupassen.
Von außen ist die Fachwerkarchitektur mit einem Blick zu erkennen: Traditionelle Fachwerkhäuser bestehen aus einem Holzskelett, dessen Zwischenräume, Gefache genannt, gefüllt sind. Das Gerüst bilden waagerechte Boden-Schwellen mit senkrechten Ständern. Die oberen Balkenelemente heißen Rähmbalken; waagerechte Riegel zwischen den Ständern bilden die einzelnen Gefache.
Schräg verlaufende Streben steifen die Fachwerkkonstruktion aus. Die vertikalen Hölzer werden als Pfosten, Stiel, Stütze, Stab oder Ständer, die leicht schräg stehenden als Strebe oder Schwertung bezeichnet. Quer verbaute Balken heißen Schwellen, Rähm oder Pfetten.
Aufwendige Holzverbindungen wie Zapfen, Versätze oder Verblattungen verbinden die Holzbalken miteinander. Holznägel sichern die Verbindungen. Beim historischen Fachwerkhaus wurde nur Eichen- oder Fichtenholz verwendet, welches mit einem Beil zuvor bearbeitet wurde. Gesägtes Holz war tabu.
Oft sind Balkenenden, Bodenschwellen und diagonal angebrachte Holzbohlen unter den Deckenbalken noch aufwendig geschnitzt und mit Malereien versehen. Die Ausfachungen des Tragwerks wurden, regional verschieden, mit Ziegeln, Lehmsteinen und kleinteiligen Hölzern ausgefüllt und mit Lehm und Kalk verputzt.
Klären Sie vor Beginn der Planung, ob Ihr Gebäude unter Denkmal- oder Ensembleschutz steht. Ein Fachwerkhaus kann unter Denkmalschutz stehen, wenn es als historisch bedeutend eingestuft wird.
Beispielsweise aufgrund des hohen Alters, besonderer architektonischer Merkmale oder seiner historischen Bedeutung für die Region. Die Denkmalschutzbehörde gibt Ihnen aber auch wichtige Tipps zum Erhalt, zur sachgerechten Sanierung sowie zur Finanzierung.
Wichtige Aspekte des Denkmalschutzes sind:
Erhaltung des Originalzustands: Ein wichtiges Ziel des Denkmalschutzes ist es, den ursprünglichen Zustand des Gebäudes so weit wie möglich zu erhalten. Das bedeutet, dass bei Restaurierungen und Renovierungen traditionelle Techniken und Materialien verwendet werden sollten.
Genehmigungen: Steht ein Fachwerkhaus unter Denkmalschutz, müssen alle Veränderungen oder Renovierungen vom Denkmalamt genehmigt werden. Das bedeutet, in der äußeren Erscheinung, also an Sichtfachwerk und Dach, sind alle Sanierungsdetails – die verwendeten Baustoffe, die geplante Dämmung und die Auswahl der Putze und Farbe – mit dem Denkmalschutz abzustimmen; erst nach der Genehmigung darf mit der Sanierung begonnen werden.
Förderungen und Zuschüsse: In vielen Fällen gibt es finanzielle Unterstützung oder Steuererleichterungen für Eigentümer/-innen von denkmalgeschützten Gebäuden, die Restaurierungsarbeiten durchführen. Diese Unterstützung soll dazu beitragen, die hohen Kosten, die mit der Erhaltung historischer Gebäude verbunden sind, zu decken.
Für die Sanierung historischer Fachwerkhäuser gibt es keine Patentlösungen: Fachwerkhäuser sind individuelle Architekturen und lassen sich deshalb auch nicht mit standardisierten Produkten modernisieren. Denkmalpfleger/-innen, Architekten/-innen oder Handwerker/-innen können auf Fachwerk spezialisiert sein, das Gebäude professionell bewerten und Sanierungsmöglichkeiten vorschlagen.
Eine Bestandsanalyse umfasst unter anderem:
Prüfung der Fachwerkkonstruktion auf Schäden
Prüfung des Kellers und der Fundamente auf Feuchtigkeit
Untersuchung des Dachstuhls auf mögliche Schäden und Undichtigkeiten
Begutachtung der Fachwerkfassade auf Risse, Verformungen oder Feuchtigkeit
Überprüfung der Fenster und Türen
Inspektion der Elektroinstallationen und Sanitärleitungen auf Modernisierungsbedarf
Ist der Zustand des Gebäudes erfasst, können Ihre Ideen und Wünsche in den ersten Planungen skizziert werden. So erhalten sie einen ersten Überblick über die eventuelle Bauzeit und die Kosten.
Wie für alle alten Häuser, so gilt auch fürs Fachwerk: Es muss nicht alles auf einmal saniert werden. Ein Sanierungsgutachten legt sinnvolle Arbeitsschritte fest. Diese können Sie dann über einen längeren Zeitraum in der bautechnisch richtigen Reihenfolge und in finanziell erträglichen Abschnitten umsetzen.
Wenn es um die Sanierung von Fachwerk geht, sind bestimmte Punkte besonders wichtig:
die Auswahl der Baumaterialien
der Einsatz passender, eventuell historischer, Bautechniken bei der Sanierung
auf Diffusionsoffenheit aller Bauteile achten (besonders beim Modernisieren oder Ausbauen)
auf ein richtiges Feuchtigkeitsmanagement innerhalb des Gebäudes (zu feuchte Bauteile ausbessern) achten
Dabei gibt es zu jedem Gewerk viele Details. An dieser Stelle ist es nicht möglich, alle Aspekte aufzuführen; wir beschränken uns daher auf einen allgemeinen Überblick sowie spezifische Punkte der Fachwerksanierung:
Die Fundamentsanierung ist bei der Erneuerung eines Fachwerkhauses oft der erste notwendige Schritt. Bei kleineren Rissen werden spezielle Injektionsmassen verwendet, um die Stabilität des Fundaments wiederherzustellen. Sollte das Fundament großflächig beschädigt sein oder tiefer gegründet werden müssen, kommt die Methode der Unterfangung zum Einsatz.
Dabei wird das bestehende Fundament schrittweise durch neues Material verstärkt oder ersetzt. Bei Feuchtigkeitsschäden ist neben einer fachgerechten Schimmelsanierung möglicherweise die Erneuerung oder Ergänzung einer Horizontalsperre notwendig, um das Eindringen von Feuchtigkeit in das Mauerwerk zu verhindern.
Lassen Sie das Tragwerk von einem/-r Statiker/-in überprüfen, insbesondere wenn Tragwerkselemente ausgetauscht oder verstärkt werden müssen. Oft sind die Holzbalken durch Schädlinge, Fäulnis oder Feuchtigkeit beschädigt. Defekte Balken müssen repariert oder ersetzt werden.
Wichtig: Beauftragen Sie Handwerker/-innen, die auf die Besonderheiten eines Fachwerkbaues eingehen können. Dabei ist die Zimmereifachkraft entscheidend und verantwortlich für die Ausführung der Arbeiten an den Wänden des Fachwerks, den Decken und dem Dachstuhl.
Die Fassade muss vor Schlagregen und Feuchtigkeit geschützt werden, ohne die Diffusionsfähigkeit des Gebäudes zu beeinträchtigen. Bezüglich der Farbwahl gibt es regionale Unterschiede. Für den Außenanstrich der Gefache verwendet man mineralische Anstriche wie Kalk- oder Silikatfarben.
Diese sind atmungsaktiv und schimmelresistent. Für das hölzerne Fachwerk kommen nur diffusionsoffene Holzschutzmittel und Anstriche wie Leinölfirnis in Frage. Fenster und Türen sollten stilgerecht saniert oder ersetzt werden, oft mit besonderen Anforderungen an den Denkmalschutz.
Beschädigte Ausfachungen aus Lehm, Ziegel oder anderen Materialien können ausgetauscht oder repariert werden. Dabei ist auf historische Materialien und Techniken zu achten. Wichtig: Verwenden Sie keine Gasbetonsteine, Hochglanzziegel oder Zementmörtel.
Eine Dämmung von Fachwerkhäusern ist komplex: Meist erlaubt der Denkmal- oder Ensembleschutz keine Außendämmung. Um die äußere Optik zu erhalten, erfolgt oft eine Innendämmung. Dabei darf allerdings im Inneren keine historische Ausstattung beeinträchtigt werden. Wichtig: Styropor, Styrodur und ähnliche Stoffe dürfen nicht verwendet werden, da sie nicht diffusionsoffen sind.
Häufig kommen natürliche Materialien wie Holzfaserplatten, Hanf oder Schafwolle zum Einsatz, da sie gut mit der Atmungsaktivität des Fachwerks harmonieren. Für die genaue Planung der Dämmung ist es am besten, einen Energieberater/eine Energieberaterin hinzuzuziehen.
Die Experten/-innen wissen, welche Art von Dämmung passt und beraten außerdem über die verschiedenen Möglichkeiten einer Förderung.
Elektrische Leitungen, Wasserleitungen und Heizsysteme müssen oft komplett erneuert werden, um modernen Standards zu entsprechen. So lässt sich beispielsweise auch in einem Fachwerkhaus im Rahmen einer Sanierung ein Smart-Home-System installieren.
Moderne Heizungen sollten so gewählt werden, dass sie zu den besonderen Eigenschaften des Hauses passen, etwa eine Wandheizung, die den Feuchtigkeitshaushalt im Fachwerk berücksichtigt.
Versuchen Sie, so viele originale Bauteile wie möglich zu erhalten, beispielsweise Türen, Fenster und Deckenbalken. Innenwände können mit Lehm verputzt werden, was das Raumklima positiv beeinflusst. Für Böden eignen sich Materialien wie Holz, Fliesen oder Naturstein.
Die Grundrissstruktur alter Fachwerkhäuser ist meist sehr eng und kleinteilig. Teilweise lassen sich Wände entfernen. Wo das aus statischen Gründen nicht möglich ist, lässt man nur die Holzkonstruktion ohne Ausfachungen stehen. Die freiliegenden Balken werten die Räume auf.
Bei der Sanierung eines Fachwerkhauses muss individuell auf das einzelne Gebäude eingegangen werden. Außerdem sollten Sie auf nicht planbare Herausforderungen gefasst sein.
Die Kosten also hängen von verschiedenen Faktoren ab:
Zustand des Gebäudes: Wenn das Fachwerkhaus stark beschädigt ist, müssen möglicherweise tragende Elemente oder die gesamte Struktur erneuert werden
Größe des Hauses: Größere Gebäude verursachen natürlich höhere Kosten, da mehr Material und Arbeit anfällt.
Art der Arbeiten: Je nach Umfang der Sanierung (Dach, Fassade, Fenster, Innenausbau) können die Kosten unterschiedlich hoch ausfallen. Ein Fachwerkhaus energetisch zu sanieren verursacht zusätzliche Kosten, beispielsweise bei einer Dämmung.
Denkmalschutz: Wenn das Fachwerkhaus unter Denkmalschutz steht, müssen bestimmte Auflagen erfüllt werden, die oft teurer sind als eine normale Sanierung.
Materialien: Die Wahl der Materialien (z.B. Holz, Lehm, Ziegel) spielt eine große Rolle. Viele moderne Bautechniken und Baustoffe (luftdichte Gebäudehülle, starre Baustoffe, diffusionsdichte Dämmstoffe, Zement, Silikon) können bei einem Fachwerkhaus nicht eingesetzt werden. Daher sind individuelle Lösungen von erfahrenen Fachhandwerkern nötig. Historische und traditionelle Materialien sind oft teurer als moderne Alternativen.
Wohnqualität: Welchen Ausstattungsstandard und welchen Wohnkomfort wünschen Sie sich? Je höher der angestrebte Standard, desto höher fallen die Kosten für die Sanierung aus.
Für eine umfassende Sanierung können die Gesamtkosten zwischen 1.500 und 3.500 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche liegen. Bei einem 100 Quadratmeter großen Fachwerkhaus könnten die Sanierungskosten also zwischen 150.000 und 350.000 Euro betragen.
Diese Zahlen sind sehr grobe Schätzungen. Für eine genaue Kalkulation ist eine professionelle Bewertung durch eine/-n Architekten/-in oder Bauingenieur/-in erforderlich. Es ist auch ratsam, sich frühzeitig über mögliche Fördermittel zu informieren, besonders bei denkmalgeschützten Gebäuden.
In vielen Fällen lohnt es sich, eine Eignung als Denkmalschutzgebäude zu prüfen (zusätzliche Förderungen, geringere Anforderungen bei der energetischen Sanierung).
In manchen Bezirken, Städten und Gemeinden haben Bauende die Möglichkeit, für eine Fachwerkhaus Sanierung Zuschüsse zu beantragen. Wichtig ist, die Sanierungsarbeiten am Fachwerkhaus vor dem Start mit der Denkmalschutzbehörde abzustimmen. Auskünfte dazu gibt es bei der jeweiligen Gemeindeverwaltung.
Außerdem lassen sich unter bestimmten Bedingungen die Kosten für die Sanierung von der Steuer absetzen. Besonders handwerklich begabte Bauleute können bei einem Fachwerkhaus mit Eigenleistungen die Sanierungskosten deutlich senken.
Grundsätzlich sollte man Fachwerkgebäude immer mit möglichst originalen Materialien und unter Verwendung der althergebrachten Bautechniken restaurieren. Mit Sorgfalt, technischem Aufwand und einigen Überraschungen wurde der aus vier Gebäudeteilen bestehende Dreiseithof saniert.
Nachdem das Ende des 18. Jahrhunderts erbaute Gebäudeensemble bereits in den 1960er bis 90er Jahren völlig falsch saniert wurde, wollte es der Wiesbadener Architekt Marc Flick diesmal besser machen. Womit musste er arbeiten?
Auf den Böden lagen viele Lagen PVC und Teppiche und Kunststofffenster störten die Fassadenoptik. Viele Teile des alten Fachwerks mussten wegen Fäule ersetzt werden. Dafür wurde das Gebäude sogar kurzfristig abgestützt.
Aber es gab auch schöne Überraschungen: Ein eingemauertes historisches Fenster etwa, das als Vorlage für die neuen Holzfenster diente. Zudem zeigten sich unter zahlreichen Schichten Tapete historische Wandbemalungen, die ein Restaurator teilweise wiederherstellen konnte.
Zwei Jahre dauerte die Sanierung des denkmalgeschützten Hofes, doch der Aufwand hat sich gelohnt. Heute ist der „Hof Wendenius“ ein Feriendomizil und eine Eventlocation, bestehend aus einem Schlafhaus mit zwölf Betten und drei Bädern sowie einem Veranstaltungsraum.
Kern des Hofes bildet die große Scheune. Auf 140 Quadratmeter ebenerdiger Fläche bietet sie Platz für 50 bis 60 Personen. Mit fast neun Metern Höhe hat der Innenraum einen besonderen Charme.
Auf der gegenüberliegenden Seite der großen Scheune liegt die ehemalige Werkstatt, die zu einer großzügigen Küche und einem Esszimmer für 16 Personen umgebaut wurde. Hier dient eine umlaufende Sichtbetonwand nicht nur als Gestaltungselement, sondern auch als Ringanker, Unterzug und – dank Kernaktivierung – auch als Heizung.
Ebenfalls aus Sichtbeton ist die neu eingestellte Treppe, die auf einen Spitzboden führt, aber gleichzeitig in ihrem Inneren die gesamte Haustechnik verbirgt. Unterm Dach lädt ein großzügiger Loungebereich zum Entspannen ein. Wichtig war dem Architekten ökologische und von dem Denkmalschutz empfohlene Baustoffe zu verwenden.
So kamen etwa Lehm, Schilf, Holzweichfaser und Leinöl zum Einsatz. Zuletzt wurde die gesamte Baustruktur mit einer historischen Natursteinschlämme überzogen, die den Gebäuden ihre charakteristische Farbe verleiht.
Hierzu passt die dezente, reduzierte Gestaltung der Haustechnik, etwa mit den Schaltern und Steckdosen der Designlinie Gira E2 schwarz matt, die sich harmonisch in die Räume fügen. Die Sanierung des Dreiseithof wurde bereits mehrfach nominiert und ausgezeichnet, unter anderem beim BDA-Architekturpreis Rheinland-Pfalz oder beim „best architects 22“.