Ob Büro, öffentliches Gebäude oder privates Wohnhaus: Smartes Glas wird immer beliebter und dient dabei nicht nur als effizienter Sonnen- oder Blendschutz im Innenraum, sondern kann auch für mehr Privatsphäre sorgen.
Der Clou: Trotz Tönung kann man von drinnen problemlos nach draußen schauen. Umgekehrt geht das je nach Technik schlechter oder gar nicht.
Mit intelligentem, schaltbarem oder smartem Glas sind spezielle Verglasungen gemeint, die ihre Transparenzstufen ändern können – entweder mithilfe von Strom oder durch die Kraft der Sonne. Je nach Beschichtung kann das Glas milchig, durchsichtig, dunkel oder farbig werden. Drei unterschiedliche Arten sind derzeit auf dem Markt erhältlich:
1. Thermochrome Verglasung
Beim thermochromen Glas handelt es sich um ein Sonnenschutzglas, das die Durchlässigkeit von Licht reguliert – und zwar in Abhängigkeit von der Scheibentemperatur.
Dafür sorgen spezielle Substanzen, die sich auf einer Folie im Verbundglas befinden und bei der Erwärmung durch Sonnenstrahlen einfärben. Je mehr die Scheibe aufheizt, umso stärker färbt sich die Folie ein. Lässt die Sonneneinstrahlung nach, werden die Scheiben wieder transparent. Das Ganze funktioniert autark, sodass Verkabelung, Steuerung und Stromzufuhr nicht erforderlich sind. Manuell regulieren lassen sich die Scheiben allerdings nicht.
2. Elektrochromes Glas
Individueller lässt sich der Licht- und Wärmeeinfluss in Gebäuden je nach Tages- und Jahresverlauf über dimmbares Isolierglas mit elektrochromer Beschichtung steuern.
Dazu ist eine Stromanbindung erforderlich: Kommt Spannung auf die Beschichtung, verdunkelt sich das Fensterglas. Jede Scheibe lässt sich entweder einzeln ansteuern oder man kann, wie beim Hersteller Infraselect, bis zu 30 Scheiben gleichzeitig ansteuern.
3. Liquid Crystal
Bei Liquid Crystal- oder Flüssigkristallscheiben handelt es sich um ein intelligentes Glas, das als Sichtschutz zum Einsatz kommt. Auch hier wird mit Strom gearbeitet. Auf Knopfdruck wird die Scheibe opak (milchig). Nach Unterbrechung der Stromzufuhr wird die Scheibe wieder klar. Beliebt ist das schaltbare Glas in Büroräumen rund um Besprechungsräume. Auch in Hotelzimmern, in denen Schlafraum und Badezimmer nur noch mithilfe von Glasscheiben getrennt sind, sieht man es immer öfter.
Gegenüber den klassischen Verschattungssystemen punktet smartes Glas mit einigen Vorteilen.
Schutz vor Überhitzung und Blendung: Weil sich große Glasflächen im Sommer aufheizen und die Sonne durchs Fenster blenden kann, benötigt man eine zuverlässige Verschattung. Innenliegende Rollos, Vorhänge oder Plissees schützen zwar vor Blendung, können aber die Wärme nicht draußen halten. Außenliegende Rollladen, Sonnendächer und Jalousien schützen besser, bieten allerdings je nach Bauart und Montage keinen Rundum-Schutz vor direkter Einstrahlung. Das ist beim smarten Glas anders: Egal, an welcher Stelle Sonne auf das Fensterglas trifft, aktiviert sich die Beschichtung und das Glas tönt sich ab.
Freie Sicht nach draußen: Jalousien, Vorhänge oder Rollos versperren beim Verschatten die Sicht nach draußen. Beim smarten Fensterglas kann man dagegen durch die getönte Scheibe nach draußen schauen – und zwar ganz ohne störende Bauteile.
Privatsphäre in sensiblen Bereichen: Intelligentes Glas kommt inzwischen auch häufig in Hotels oder Privathäusern zum Schutz der Privatsphäre zum Einsatz. Das sogenannte „Privacy Glass“ sorgt dafür, dass niemand durchs Fenster schauen kann oder wird geschickt als Design-Highlight inszeniert, um die Scheiben der Dusche zu tönen.
Gläserne Architektur: Intelligentes Glas macht komplett verglaste Fassaden möglich, die wie aus einem Guss wirken und auf übliche Verschattungssysteme verzichten. Vor allem für Fassaden großer und hoher Gebäudekomplexe ist das ein Vorteil, denn Sonnenschutzsysteme müssen besonders stabil sein und regelmäßig gewartet werden. An Hochhäusern sind die Systeme wegen der Windverhältnisse oft nicht möglich. Stararchitekt Norman Foster arbeitet beispielsweise bereits seit Langem mit dem intelligenten Glas.
Klimaschutz: Durch Fenster mit intelligentem Glas schützt man sich vor Überhitzung der Wohnräume – und kann in vielen Fällen auf den Einsatz von Klimaanlagen verzichten. Das trägt zur Reduzierung der CO2-Emmissionen bei. Beim thermochromen Glas ist nicht einmal eine Stromzufuhr für das System selbst erforderlich.
Derzeit ist die Herstellung von intelligentem Glas noch ein Nischenthema und vergleichsweise teuer. Trotzdem gibt es verschiedene Hersteller auf dem Markt, die solche Verglasungen anbieten, zum Beispiel:
Der Clou: Intelligentes Glas kann auch mit KNX Gebäudetechnik in einem Smart Home verknüpft werden, sodass man die Funktion bequem per App, Sprachbefehl oder Touchpanel steuern kann. Komfortabler geht es kaum.
Fazit: Die Kombination aus mechanischen Sonnenschutzsystemen und Smart-Home-Technik bietet einen zuverlässigen Schutz vor UV-Strahlen und Überhitzung im Wohnraum. Das smarte Glas macht nun das Fenster selbst zum Hightech-Bauteil und ist eine spannende Ergänzung zu bisherigen Sonnenschutz- und Smart-Home-Systemen. Trotz der hohen Erstinvestition sollte man die Kosten für die Anschaffung der üblichen Verschattungssysteme und der dazugehörigen Wartung gegenüberstellen. Ebenfalls lohnt der Blick auf die Energiekosten, die sich durch den möglichen Wegfall einer Klimaanlage einsparen lassen.